Tannenhonig: Warum gehört er zu den kostbarsten Honigsorten?

Imkereibedarf Muhr
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Tannenhonig: Warum gehört er zu den kostbarsten Honigsorten? - Tannenhonig: Das steckt tatsächlich drin

In der Sparte Waldhonig nimmt der Tannenhonig eine Sonderstellung ein. Er gilt als sehr kostbar, weil mehrere Faktoren stimmen müssen, um Weißtannenhonig gewinnen zu können. In Deutschland gibt es nicht in jedem Sommer ideale Bedingungen für die Imker und ihre fleißigen Bienenvölker. Das ist auch der Grund, warum Kunden etwas tiefer als bei anderen Honigarten in die Tasche greifen müssen, wenn sie Tannenhonig kaufen möchten. Die Bezeichnung darf nach den Vorgaben der Honigverordnung nur dann verwendet werden, wenn der Honig überwiegend oder ausschließlich aus dem Honigtau aus Tannenwäldern stammt.

Was ist Tannenhonig und wie entsteht Tannenhonig?

Die Quelle für die begehrte und zugleich seltene Honigart ist der Honigtau. Diesen produzieren weder die Bäume noch die Bienen, sondern an der Herstellung von Honigtau wirken Insekten wie Schildläuse, Zikaden und Blattflöhe mit. Imker sind deshalb auf Standorte angewiesen, die einerseits einen guten Weißtannenbestand aufweisen und wo andererseits die Bedingungen für diese Insekten stimmen. Sie stechen mit ihren Rüsseln in die Pflanzenfasern (in der Regel in die Nadeln) und saugen dort den Pflanzensaft heraus. Einen Teil dieses Safts scheiden sie als süßen Honigtau wieder aus. Nein, es handelt sich nicht um den Urin dieser Insekten, sondern der Honigtau ist ein sehr spezielles Stoffwechselprodukt! Er klebt in Form winziger Tröpfchen an den Nadelspitzen und wird von den Bienen bei ihren Ausflügen eingesammelt und als Honig in die Waben der Bienenstöcke gebracht.

Ist Tannenhonig vegan?

Die Frage, ob Tannenhonig vegan ist, beantwortet sich also durch die Mitwirkung mehrerer Tiere mit einem Nein. Dennoch machen viele Veganer bei Honig eine Ausnahme, da es bei der Entstehung keine Faktoren gibt, unter denen das Tierwohl in irgendeiner Form leiden könnte. Stattdessen ist das Gegenteil der Fall, denn die Imker sorgen mit ihrem verantwortungsbewussten Handeln dafür, dass die Honigbienen als nützliche und für die Bestäubung vieler Pflanzen unverzichtbare Insektenart nicht aussterben. Eine solche Gefährdung liegt in mehrerlei Hinsicht vor, denn dazu tragen die Bautätigkeit der Menschheit, die Monokulturen auf Feldern, der Einsatz von Insektiziden und Pestiziden sowie die Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels bei.

Wie wird Tannenhonig gewonnen?

Im Herbst nehmen die Imker die gefüllten Waben aus den Bienenstöcken. Sie kommen in eine Honigschleuder, in der sich der Tannenhonig unter Ausnutzung der Zentrifugalkraft an der Innenseite des Gehäuses anlagert. Deshalb wird die Honigschleuder technisch auch zur Gattung der Zentrifugen gezählt. Ein Erhitzen der Waben ist dafür nicht erforderlich, weshalb das Verfahren im Volksmund oftmals fälschlicherweise als Kaltschleudern bezeichnet wird. Dieser Name legt eine Kühlung der zu gewinnenden Substanz nahe, die aber in der Praxis nicht erfolgt, denn der Tannenhonig wird bei normaler Zimmertemperatur aus den Waben geschleudert. Bedenken, dass die Bienenvölker durch die Honiggewinnung verhungern könnten, sind unbegründet. Einerseits entfernen die Imker niemals den gesamten Honigbestand und andererseits bekommen die Bienenvölker eine hochwertige Ersatznahrung. Mit jeder anderen Vorgehensweise würden die Imkereien ihre eigene Erwerbsquelle zerstören. Das heißt, sie haben ein starkes Eigeninteresse an einer guten Winterversorgung ihrer Bienenvölker.

Welche Inhaltsstoffe stecken in Tannenhonig?

Einen Teil der Frage, woraus besteht Tannenhonig, haben wir mit dem Hinweis auf den Honigtau bereits beantwortet. Es bleibt also die Frage, welche Inhaltsstoffe mit dem Honigtau der Weißtannen in den Tannenhonig kommen. Der Weißtannenhonig bringt einen hohen Anteil Fruchtzucker und einen hohen Gehalt an Mineralien mit. Der Anteil der Spurenelemente ist in allen Sorten Waldhonig deutlich höher als bei klassischen Blütenhonigen. Kennzeichnend für Tannenhonig ist außerdem ein im Vergleich zu Blütenhonigen erhöhter Anteil an ätherischen Ölen, die für das würzige Aroma und den typischen kräftig-herben Tannenhonig-Geschmack verantwortlich sind. Zudem bringt der Tannenhonig verschiedene Enzyme mit. Dazu zählen beispielsweise Katalase und Glucoseoxidase.

Wie sieht Tannenhonig aus und welche Konsistenz hat er?

Weißtannenhonig ist im Vergleich zum Blütenhonig sehr zähflüssig. Der Kristallisierungsprozess setzt bei Tannenhonig deutlich später ein als bei den Honigsorten, die aus dem Nektar von Blüten entstehen. Zudem lässt sich der Kristallisierungsprozess durch ein Erwärmen im Wasserbad auf Temperaturen zwischen 35 und 38 Grad Celsius wieder rückgängig machen. Tannenhonig ist zumeist rotbraun, kann sich aber auch fast schwarz präsentieren. Die dunklen Sorten erinnern von der Konsistenz und Farbe her ein wenig an Zuckerrübensirup. Manchmal bringt Weißtannenhonig einen leichten Grünstich mit.

Wann gibt es Tannenhonig?

Der Tannenhonig aus Deutschland ist vorzugsweise im Herbst im Angebot. Allerdings fällt das Angebot nicht in jedem Jahr gleich umfangreich aus. Die Angebotsmengen sind direkt von den Wetterverhältnissen in den Sommermonaten abhängig. In einem sehr trockenen Sommer führen die Weißtannen weniger Pflanzensaft, sodass die Blattflöhe, Schildläuse und Zikaden nur wenig Pflanzensaft saugen und somit nur eine geringe Menge Honigtau zur Verfügung stellen können. An dieser Stelle zeigen sich mittlerweile sehr deutliche Folgen des globalen Klimawandels, denn auch Deutschland bleibt inzwischen von längeren Dürrephasen nicht mehr verschont. Aktuelle Erhebungen zeigen, dass die Bedingungen für eine gute Ausbeute beim Tannenhonig im Durchschnitt nur noch in jedem dritten Sommer vorliegen.

Verwendungsmöglichkeiten für Weißtannenhonig

Weißtannenhonig ist ein gesundheitsfreundlicher Ersatz für Industriezucker und Kandiszucker in jedem Kräutertee. Dafür reicht seine Süßkraft aus, auch wenn sie nicht ganz so intensiv wie bei einem Blütenhonig ist. Einer heißen Milch verleiht er eine besondere Geschmacksnote und ist als Brotaufstrich eine empfehlenswerte Alternative zu Schokoladencreme und Marmelade. Im Gegensatz zu Käse und Wurst als Belag fürs Frühstücksbrötchen enthält Weißtannenhonig kein Fett. Wer kräftige Geschmacksnoten liebt, kann beispielsweise Nüsse mit dem Tannenhonig karamellisieren. Zum Süßen von Pudding, Quark, Joghurt, Müsli und Co. ist der Weißtannenhonig aufgrund seines vergleichsweise hohen Preises fast zu schade, denn dafür eignen sich auch die kostengünstigeren Blütenhonigsorten. Honigkenner genießen den Weißtannenhonig lieber pur oder setzen ihn sparsam zum aromatischen Verfeinern verschiedener Speisen ein.

Anregungen für ein gutes Tannenhonig-Rezept

Wer nach einem interessanten Tannenhonig-Rezept sucht, wird beispielsweise bei verschiedenen Parfait-Varianten fündig. Gute Kombinationen ergeben sich bei der Würzung mit Weißtannenhonig und Zwetschgen-Schlehenmus oder Walnusskrokant. Auch Rosmarin bietet sich für die Kombination mit Tannenhonig zu einem leckeren Gebäck an. Sehr beliebt sind außerdem das Schwarzwälder Tannenhonigeis und die mit Weißtannenhonig glasierte Spanferkelschulter. Mit etwas Waldhonig aus dem Honigtau der Weißtanne bekommen beispielsweise die Bratapfel-Zwetschgen-Marmelade und der selbstgemachte Schlehenlikör einen einzigartigen Geschmack.

Wissenswerte Fakten rund um die Weißtanne

Der botanische Name der Weißtanne lautet Abies alba. Sie gehört zur Gattung der Tannen, die ein Alter von bis zu 500 Jahren erreichen können. Die Bezeichnung Weißtanne hat diese Nadelbaumart aufgrund ihrer im Vergleich zu anderen Tannenbaumarten hellen Borke bekommen. Von der Wuchshöhe her findet sich der aktuelle (europäische) Rekordhalter im Nationalpark Biogradska Gora in Montenegro. Er bringt es auf knappe 60 Meter. Im Schwarzwald soll es ein Exemplar mit einer Höhe von 68 Metern gegeben haben. Das Verbreitungsgebiet in Europa erstreckt sich auf die alpinen und voralpinen Bereiche. Die größten (zusammenhängenden) Weißtannenbestände gibt es in Deutschland in Baden-Württemberg (Schwarzwald) sowie in Teilen von Bayern. Kleinere Bestände finden sich zudem in Thüringen (Frankenwald und Fichtelgebirge) sowie in der Niederlausitz.

Die Weißtannenbestände in Deutschland zeigen deutlichen Schwund

Die Verfügbarkeit von Tannenhonig aus dem Honigtau von Weißtannen geht in Deutschland kontinuierlich zurück. Einerseits spielen natürliche Feinde (Weißtannentrieblaus, Verbissschäden durch Rotwild) eine Rolle. Doch auch der Mensch trägt entscheidend dazu bei. Er bevorzugt bei der Aufforstung von wirtschaftlich genutzten Flächen sowie der Aufforstung von Windbruchflächen die deutlich schneller wachsenden Fichten. Die Weißtanne reagiert sehr empfindlich auf den Kontakt mit Schadstoffen, wobei Schwefeldioxid eine entscheidende Rolle spielt. Auch sehr trockene Wintermonate sind eine erhebliche Herausforderung für die Überlebensfähigkeit der Weißtannen. Sie kommen in Deutschland als Folge des globalen Klimawandels immer häufiger vor und tragen ebenfalls zur Dezimierung der Bestände bei.